Der Transformator – seit 200 Jahren das gleiche Prinzip
Im Gespräch mit Mathias Haak blicken wir zurück auf den Ursprung des Transformators und dessen Entwicklung. Ausserdem werfen wir einen Blick in die Zukunft und auf die Herausforderungen, welchen Bächli AG gegenübersteht und wie das Unternehmen damit umgeht.
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Mathias Haaks einleitendes Statement ist faszinierend und mag manch einen erstaunen:
Das Induktionsprinzip, auf dem der Transformator basiert, hat sich seit bald 200 Jahren nicht verändert! Das in einer Zeit, in der sich praktisch alles verändert hat.
Es war 1831 als Michael Faraday das Induktionsprinzip entdeckte.
Elektromagnetische Induktion
Ein Vorgang, bei dem durch Bewegung eines elektrischen Leiters im Magnetfeld oder die Änderung des von einem Leiter umschlossenen Magnetfeldes, eine elektrische Spannung und ein Stromfluss erzeugt werden. Michael Faraday entdeckte dieses Induktionsprinzip als er versuchte die Funktionsweise eines Elektromagneten (Strom erzeugt ein Magnetfeld) umzukehren und mit einem Magnetfeld Strom zu erzeugen.
Genutzt wird dieses Prinzip bei praktisch allen elektrischen Maschinen, so auch bei Transformatoren.
Es war mitten in der industriellen Revolution, als 1882 den beiden Forschern Lucien Gaulard und John Dixon Gibbs in London mit dem Bau des ersten Transformators das englische Patent Nr. 4362 zuerkannt wurde. Er war damals zwar noch nicht unter dem Begriff Transformator bekannt, sondern wurde als Sekundär-Generator bezeichnet.
Blick in die Vergangenheit
Welche Auswirkungen hatte die Erfindung des Transformators?
«Durch den Rückgang des Gleichstroms und den vermehrten Einsatz von Wechselstrom gewann der Transformator an Bedeutung, denn dieser funktioniert nur mit Wechselstrom. So war zuvor der Betrieb einer höheren Leistung nur möglich, wenn die Energiequelle – in der Schweiz meist Energie aus Wasserkraftwerken – direkt neben dem Verwendungsort stand. Deshalb wurden die grossen Fabriken, wie beispielsweise BBC in Baden oder Georg Fischer in Schaffhausen immer an Flüssen erbaut.»
Der Einsatz von Wechselstrom und (Netz)-Transformatoren erlaubte es erstmals weitreichende Stromnetze aufzubauen. Zu Beginn waren das maximal 3‘000 Volt. Haak ergänzt: «Der erste Drehstromtransformator entstand 1890. Ein Jahr später erfolgte die erste Fernübertragung in Deutschland mit 15‘000 Volt von Lauffen am Neckar nach Frankfurt am Main, eine Distanz von 175 Kilometern.»
Wie hat sich der Transformator seitdem weiterentwickelt?
«Seit der Entdeckung ist das technische Prinzip dasselbe geblieben. Selbst die Materialien sind praktisch die gleichen. Man könnte einen Transformatorkern zwar mit Nickel und Kobalt anstelle von Eisen bauen, doch käme das viel zu teuer. Zum Kupferleiter gibt es die Alternativen Aluminium, Gold und Silber. Letztere sind bekanntlich ebenfalls teuer. Aluminium ist zwar günstiger und leichter, die ohmschen Verluste sind jedoch höher, weshalb der Einsatz von Aluminium nur in sehr grossen Anlagen sinnvoll ist.»
Ohmsche Verluste
Diese entstehen in jedem elektrischen Leiter sobald Strom fliesst. Die Höhe des Verlusts ist direkt abhängig vom elektrischen Widerstand des Leiters und der Höhe des Stroms. Die Energie die dabei verloren geht zeigt sich in Form von Wärme.
Grosse Fortschritte bei der Isolation
Wo in den letzten 50-60 Jahren grosse Fortschritte erzielt worden sind, ist im Bereich der elektrischen Isolation. Anfangs waren es natürliche Materialien wie Holz, Kork oder Zellulose, die als Isoliermaterial zum Einsatz kamen. Heute sind dies hochentwickelte chemische Kunststoffe, wie PE-Polyethylen, PES-Polyester, alternativ auch mineralische Stoffe, wie Glas und Glimmer. Diese Stoffe bieten eine höhere Temperaturbeständigkeit und Isolierfähigkeit und sind dadurch langlebiger und sicherer in der Anwendung.
Haak erklärt, dass durch die verbesserte Isolation höhere Spannungen erzielt werden. Ein Transformator besteht jedoch nur zu 3-5% aus Isoliermaterial. Diese geringe Menge kann auch als Vorteil angesehen werden. «Denn», so Haak «Kupfer und Eisen, sind Metalle, die zu 100% recycelt werden. Das Isoliermaterial wird demgegenüber entweder thermisch verwertet oder bleibt als Restmüll übrig.»
Das heisst, der Transformator von damals ist immer noch der gleiche wie heute?
«Nicht ganz, denn es gab Fortschritte. Verfeinerte Berechnungsmethoden führten zu einer erhöhten Nutzung der Materialien. Stichwörter dazu lauten, PC-basierte Berechnungen und Erwärmungsmodelle.»
Sonstige Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten?
«Die Entwicklung von elektronischen Schaltern und Halbleitern z.B. Transistoren oder Thyristoren, führte zu neuen Möglichkeiten in der Schaltungstechnik. Elektronische Schaltungen, wie beispielsweise Hoch- oder Tiefsetzsteller, ermöglichten es, Spannungen anzupassen. Das bedeutet, dass neben den klassischen Transformatoren auch elektronische Schaltungen für die Spannungsanpassung oder -übertragung verwendet werden können.»
Weshalb braucht es diese elektronischen Schaltungen?
«Ein Transformator ist grundsätzlich immer «passiv», das heisst, die Eingangs- und die Ausgangsspannung sind immer dieselbe. Dieser «passive Trafo» wurde dank der elektronischen Schaltung, steuerbar. Der passive Trafo wird dadurch zu einem aktiven Bauteil, das die Spannung steuern und regeln kann. Bächli AG arbeitet hier eng mit einer namhaften technischen Universität in der Schweiz zusammen und hat erste Muster zur Erprobung von induktiven Komponenten in Verbindung mit elektronischen Schaltungen gefertigt.»
"Auch wenn es mit der Erfindung der elektronischen Schaltung (Halbleiter) anfänglich schien, dass es keine Transformatoren mehr brauche, war dies," so Haak – und lacht – «für Bächli zum Glück nicht der Fall. Selbst die modernsten Geräte und Energieversorgungsnetze kommen nicht ohne Transformatoren aus.»
Wie gelang es, Transformatoren immer kleiner zu bauen?
«Die Weiterentwicklung von elektronischen Schaltungen, wie Halb- und Vollrückenwandler, ermöglichte es, Transformatoren mit signifikant höheren Frequenzen zu betreiben. Dank diesen können deutlich kleinere Transformatoren gebaut werden. So arbeiten die Stromnetze von Flugzeugen beispielsweise mit 400 Hz – im Vergleich zu 50 Hz im allgemeinen Versorgungsnetz.»
Interessant ist, dass sich die 400 Hz bei der modernen Bahn nicht durchgesetzt haben. Haak vermutet, dass der Grund dafür die historische Entwicklung der Elektrifizierung der Bahn ist. Denn ganz im Gegenteil zum Flugzeug arbeitet man bei der Bahn mit 16 2/3 Hz. Deren Transformatoren sind dreimal so schwer wie Netztransformatoren.
Kommen wir auf die Trends bei den Transformatoren zu sprechen. Wird es in naher Zukunft grössere Neuerungen geben?
«Im Rahmen der Diskussion um den CO2-Ausstoss geht es darum, Energie verlustarm zu übertragen.»
Die grossen Trends bei den Transformatoren lauten: Effizienzsteigerung und Nachhaltigkeit.
Ein Beispiel: Die Mobilität im öffentlichen Verkehr wird europaweit stärker ausgebaut. Hier sehen wir viele Aufgaben und Entwicklungspotential für unsere Firma Bächli. Moderne Fahrzeuge werden nicht mehr mit Benzin oder Diesel betrieben, sondern elektrisch mit einer Batterie oder mit einer Brennstoffzelle. Diese Fahrzeuge benötigen immer einen Transformator zur Energieübertragung, -anpassung oder -steuerung. Auf dem Weg zur Elektrifizierung spielt der Transformator eine grosse Rolle.
In jedem Trafo steckt heute zunehmend auch eine elektronische Schaltung. Wird Bächli diese Schaltungen künftig ebenfalls produzieren?
«Bächli ist der Spezialist für Transformatoren. Wir sind nicht diejenigen, welche die elektronische Schaltung bauen. Da sind andere die Spezialisten, beispielsweise ABB und Siemens, um zwei grosse zu nennen. Diese Spezialisten benötigen jedoch immer einen angepassten Trafo.»
Welchen Herausforderungen steht Bächli gegenüber?
«Man darf sagen, das Prinzip und das Produkt «Transformator» per se sind technische betrachtet einfach. Doch jeder Transformator, den Bächli für einen Kunden baut, hat spezifische Anforderungen. Die dazu notwendigen Berechnungen sind hoch komplex, aufwändig und erfordern sehr viel Erfahrung.
Bächli AG besitzt eigene Berechnungsprogramme, die durch jahrzehntelange Erfahrung stetig weiterentwickelt und verbessert wurden. Wir arbeiten dabei mit einer renommierten technischen Universität in der Schweiz zusammen, um noch bessere Berechnungsmodelle zu entwickeln.»
Wohin geht die Reise von Bächli?
«Wir wollen hocheffiziente Transformatoren mit maximalen Wirkungsgraden bauen.»
Unsere Transformatoren erreichen schon heute einen Wirkungsgrad von 95%. Ziel sind 99%!
Haak macht dazu ein Beispiel. Ein Netzverteiltransformator arbeitet 24/7. Schon kleinste Verbesserungen zeigen hohe Auswirkungen. Sei diese in Bezug auf die Kosten, aber auch in Bezug auf Energieverluste, die sich niemand leisten kann. Stichworte dazu sind «Unicore-Technologie», die für verlustarme Eisen-Kerne sorgt, Cage Klemmen oder Push-in-Anschlüsse, die eine einfache Montage ermöglichen. Weitere Forschungsgebiete sind die oben erwähnten induktiven Komponenten in Verbindung mit elektronischen Schaltungen wie z.B. Mittelfrequenztransformatoren.
Interessante Ansatzpunkte gibt es bei Komponenten mit Wasserkühlung. Durch kühlere Arbeitstemperaturen kann der Wirkungsgrad weiter erhöht werden. Bächli AG prüft diese Möglichkeit, hat bisher jedoch noch keine wassergekühlten Komponenten gefertigt.
Wird sich Ihre Zielgruppe künftig verändern?
«Schon heute bedienen wir mit unseren Transformatoren alle Branchen, denn elektrische Energie wird überall gebraucht! Nachhaltig erzeugt, ist sie die umweltfreundlichste Energiequelle. Selbst in einer professionellen Kaffeemaschine steckt ein Bächli-Transformator.»
Unsere Zielgruppe sind auch morgen alle Branchen.
Heute: moderne Bächli-Transformatoren
Branchen, in welchen Bächli AG tätig ist:
- Bahntechnik
- Maschinen- und Antriebstechnik
- Erneuerbare Energien
- Kernkraftwerke und Chemieanlagen
- Medizintechnik
- Forschung und Entwicklung